69
//von Igor Bauersima
//7. - 9. Oktober 2008
Fressen und gefressen werden
Ein Mann und eine Frau verabreden sich im Internet zu einem tödlichen Treffen. Er will sich von ihr umbringen und verspeisen lassen. Später versucht eine Polizistin in einem Verhör die vermeintliche Kannibalin zu überführen, während diese auf das Recht des Menschen pocht, sein Leben und seinen Tod so zu gestalten wie er will.
Doch was geschah tatsächlich bei jenem Treffen an einem geheimen Ort? Was waren die wirklichen Motive der Beiden? In einer Rückblende werden wir Zeuge der Geschehnisse, die mehr als eine überraschende Wendung nehmen. Inspiriert durch den Fall des "Kannibalen von Rotenburg" schuf Igor Bauersima ein (äußerst spannendes) Stück, das sich vordergründig mit den Abnormitäten der modernen Gesellschaft befasst. Doch "69" geht weiter. So werden scheinbar allgemeingültige Moralvorstellungen in Frage gestellt und mit der subjektiven Wahrnehmung des Zuschauers gespielt, wenn im Laufe der Geschichte nichts mehr so eindeutig ist wie es am Anfang schien.
"Ich glaube an die Wirklichkeit" sagt die Frau. Doch was ist wirklich, was ist wahr? Vielleicht die Faszination, die das vermeintlich "Abartige" auf den Menschen ausübt. Und wer frisst hier wen? Vielleicht steckt der Kannibale tief in uns allen. Vielleicht kommt er irgendwann zum Vorschein. Ist es die Angst vor dieser Möglichkeit, die uns mit Abscheu, Neugier und Sensationslust auf die "Verwerfungen an den Rändern der Gesellschaft" blicken lässt? Vielleicht gibt es diese Ränder gar nicht und es ist die Gesellschaft an sich, die krank ist.