Bühnenbild zu "Zusammenstoß"

20 JAHRE THEATER 4

//Versuch einer Revision

Am Anfang steht eine logische Frage - wie kommt es, dass einige 18- und 19-Jährige einfach so ein Theaterprojekt gründen? Ein Theaterprojekt, das bis heute regelmäßig künstlerisch bemerkenswerte Produktionen präsentiert, ein stabiles und talentiertes Ensemble aufgebaut hat und eine (semi-)professionelle Struktur hinter sich weiß. Ein Projekt, das dank seiner treuen Zuschauer und Fans bis heute ohne öffentliche Gelder und Subventionen auskommt, 26 Stücke auf die Bühne gebracht hat, darunter mindestens drei Uraufführungen - bei einigen Hörspieladaptionen lässt sich nicht nachvollziehen, ob sie jemals auf einer Theaterbühne zu sehen waren.

Ein Theaterprojekt, das ein Faible für schwierige Texte hat, das nie den bequemen Weg, sondern gerne den anspruchsvollen Kurs wählte und damit Erfolg hatte. Wie lässt sich dieser Spagat zwischen Freizeitvergnügen und hohem künstlerischen Anspruch, der mit entsprechendem Aufwand und einiger Ernsthaftigkeit verbunden ist, erklären?Es ist schon nicht ganz einfach, die Gründe der Gründung dieses Theaterprojektes nachvollziehbar zu fassen. Ganz sicher hat es was mit Flausen zu tun, mit einer gewissen Unzufriedenheit, was den pädagogischen Rahmen von Schultheater betrifft, auch mit Freude an Texten, mit Spaß am Spiel und mit dem für 18-jährige typischen unerschütterlichen Selbstbewusstsein.

Zu diesen Voraussetzungen aber mischten sich einige Zutaten, die den Prozess der Geburt von Theater4 enorm günstig beeinflussten: Ein eigenes kleines Theater in einem politisch umstrittenen Kulturzentrum gehörte dazu, ein erfahrener Regisseur, der Theater4 mit den beiden ersten Produktionen innerhalb eines Jahres laut regionaler Presse zum "kulturellen Höhepunkt 1989" machte und der glückliche Umstand, dass das Ensemble offensichtlich tatsächlich Talent für die Bühne hatte. Das Jahr 1989 war sicherlich der Urknall von Theater4.

//Neue Heimat Nürnberg

Seither wirkt - um im Bild zu bleiben - ein Evolutionsprozess, der natürlich nie abgeschlossen sein wird. Einige Meilensteine dieser Evolution lassen sich grob zuordnen. Für die künstlerische Handschrift war sicherlich das Jahr 1993 und "Der Tiger Jussuf" von Günter Eich eine wichtige Produktion. Unsere Gastspiele 1994 und 1997 in Nürnberg, Bamberg und Würzburg zeigten uns unsere logistischen Grenzen auf, wiesen aber auch den Erfolg unserer Arbeit vor "fremdem" Publikum nach. 1997 zog das Ensemble aus dem Nürnberger Land in die Stadt Nürnberg und in die Spielstätte um, in der es bis heute beheimatet ist. Im gleichen Jahr öffnete sich Theater4 zunehmend für Bühnenschaffende, die nicht dem unmittelbaren Dunstkreis des Ensembles entstammten. Spürbar wirksam wurde diese Öffnung erst 2002 bei "Der tollste Tag". Die starke Professionalisierung aller Bereiche wurde nachhaltig sichtbar: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Bühnen- und Kostümgestaltung, Dokumentation etc. brachten Theater4 einen gewaltigen Schritt weiter.

In jüngerer Vergangenheit wiegt sicherlich die Gründung des Vereins Theater4 e.V. im Jahr 2005 schwer. Die finanzielle Absicherung durch rund dreißig Fördermitglieder ist damit garantiert. Eine direkte Folge: 2008 feierte Theater4 erstmals seit langer Zeit wieder zwei Premieren in einem Jahr und stellte die Lebendigkeit des Projekts unter Beweis.

20 Jahre nach der ersten Premiere der Doppelproduktion "Mario und der Zauberer / Rozznjogd" feiert Theater4 nun also zum 24. Mal Premiere. Es ist vieles, fast alles sehr anders als damals. Erstaunlicherweise aber ist vieles und fast alles auch mit gleicher Berechtigung unverändert.

Wenn sich im Jahr 2009 der Vorhang für ‚sofort heiraten' hebt, werden Sie einen Schauspieler erleben, der seit 1991 auf der Bühne von Theater4 steht und einen, der bei der Gründung von Theater4 gerade einmal drei Jahre alt war.

Das alles ist natürlich keine Erklärung für das Paradoxon.